Super Randonneurs Serie 2018 geschafft

Mahatma Gandhi, Albert Einstein und die Fett-Phobie!

Fett-Phobie ohne Beweise dafür!Ich wurde unlängst gefragt, ob es Studien gibt, die belegen, dass die ketogene Ernährungsform unbedenklich für die Gesundheit ist. Das veranlasste mich, ein bisserl zu Recherchieren und meine Erkenntnis daraus ist kurzgesagt: Lobbyismus durch die Nahrungsmittelindustrie, missinterpretierte, spezifisch ausgelegte Studien und fehlendes Know How in der Medizin führten dazu, dass sich der Glaubenssatz "Fett ist schlecht für das Cholesterin und damit Basis für Herz- und Gefäßkrankheiten und andere metabolische Probleme" noch immer hartnäckig hält!  Jahrzehntelang wurde uns erzählt, wir müssen Fett meiden! Die Angst vor Fett ist allgegenwärtig! Low-Fat-Produkte sind nach wie vor der Renner unter den Lebensmitteln! Ist diese Fett-Phobie eine bald platzende Seifenblase oder ist der Verzehr von Fetten tatsächlich ein Risiko für unsere Gesundheit?

 


Die Geschichte der Fett-Phobie

Wie so vieles, liegt der Ursprung dieses Kapitels in den USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich dort Übergewicht zur Volkskrankheit Nummer eins und die Zahl der Herzinfarkte nahm drastisch zu! Als 1955 Präsident Eisenhower auch einen Herzinfarkt erlitt, wurde die Frage nach den Ursachen dieses „Killers" zum öffentlichen Thema.

Ancel KeysAncel KeysDa betrat der Biochemikers Ancel Keys von der University of Minnesota die Bühne. Ihm verdanken wir hauptsächlich die Fett-Phobie der letzten dreißig Jahre. Keys hatte in seiner berühmten Seven Countries Study die Fettverbrauchsdaten, die mittleren Cholesterinspiegel und die Herzinfarktraten von Italien, Griechenland, Jugoslawien, den Niederlanden, Finnland, Japan und den USA verglichen und - nur bei diesen Ländern - festgestellt: je höher der Fettverbrauch und je mehr gesättigte Fettsäuren, desto höher die mittleren Cholesterinwerte und die Herzinfarktraten.

Keys empfahl den Amerikanern, ihren Fettverbrauch auf weniger als dreißig Prozent der täglichen Kalorien zu reduzieren. Allerdings waren seine Studienergebnisse nicht hieb- und stichfest! Nur bei diesen 7 von insgesamt 22 untersuchten Ländern gab es eine Korrelation zwischen Fettverbrauch und den Krankheiten! Hätte Keys auch die Daten der restlichen Länder miteinander verglichen, wäre er genau zum gegenteiligen Schluss gekommen: Je mehr (gesättigte) Fette, desto weniger Herzinfarkte!

Die Kritik durch andere Wissenschaftler an seinen Empfehlungen war zwar hoch, da aber Keys ein einflussreicher Mann war, schaffte er es, die Politik und Lobbyisten einzuschalten. Um dem Streit der Wissenschaft um den Zusammenhang zwischen Fett, Cholesterinspiegel und Herzinfarkt ein Ende zu setzen, berief die amerikanische Gesundheitsbehörde NIH 1984 eine Konsensus-Konferenz mit einer Sachverständigengruppe ein, die allerdings so zusammengesetzt war, dass jedenfalls ein „Konsens" zustande kommen musste - d.h. Skeptiker waren gleich von Anfang ausgeschlossen! Im Konferenzbericht bestand „kein Zweifel, dass eine fettarme Ernährung jedem Amerikaner über zwei Jahren einen wesentlichen Schutz gegen Koronare Herzkrankheiten biete" und das NIH startete 1986 sein National Cholesterol Education Program (Nationales Cholesterin Erziehungsprogramm), das den Amerikanern die Einschränkung des Fettkonsums vorschrieb. Diese strikten amerikanischen Ernährungsempfehlungen wurden in vielen Ländern fast unverändert übernommen und bilden bis heute die Grundlage für die bekannte „Ernährungspyramide".

Unsere heutigen Ernährungsempfehlungen wurden also ohne gesichertes Wissen zur gesunden Ernährung für alle – egal ob alt oder jung, dünn oder dick, gesund oder krank – erklärt. Ein großer Teil der klinischen Studien zum Einfluss von Fett auf die Gesundheit und die meisten Langzeit-Beobachtungsstudien wurden erst später veröffentlicht. Ihre Ergebnisse widersprachen und widersprechen großteils den Ernährungsempfehlungen, sie werden jedoch ignoriert oder wegdiskutiert. Trotz einer erdrückender Datenlage für das Gegenteil bleibt Fett der Sündenbock!

Die Basistheorie für die Fett-Phobie:

»Gesättigtes Fett erhöht das Cholesterin« und »erhöhtes Cholesterin führt zu Herzkrankheiten«.
Fettarm gilt als Modell für gesunde Ernährung.

Wohin führt die Fett-Phobie?

Ohne Beweis, war fettarme Kost - voll von Blutzucker-steigernden Kohlenhydraten-  das Beste was man essen konnte - auch für Diabetiker! Heute - also 3 Jahrzehnte später - allerdings finden wir uns inmitten einer nie dagewesenen Diabetes-Epidemie wieder!

Die Welt ist dicker als je zuvor! In der Heimat der Light-Produkte, den USA, wurde die Mehrheit der Bevölkerung rasch übergewichtig oder dick. Dreimal so viele Menschen als nur eine Generation davor. Doch das blieb nicht auf die USA beschränkt. Auch die übrige westlichen Welt schloss sich den Ernährungsempfehlungen der USA an und warnte seit den Achtzigerjahren die Bevölkerung davor, fette Speisen zu essen und vor natürlichem gesättigten Fett. Das Gefährlichste war allerdings die Butter und der Butterverkauf brach ziemlich ein.

Einen interessanten Kontrast sieht man, wenn man die offizielle Statistik der Übergewichtigen und dicken Europäer dem Butterverkauf gegenüberstellt! Die folgende Statistik zeigt die Dickleibigkeit und Butterverkauf in Schweden von 1980–2009. Die Fettangst bewirkte Fettsucht! Seit dem Jahr 2000 wird in Schweden über die Sinnhaftigkeit der fettarmen Ernährungsrichtlinien diskutiert und sie werden immer mehr angezweifelt. Der Butterverkauf steigt wieder und gleichzeitig stagniert die Zunahme der Fettsucht.

Butterverkauf und Fettleibigkeit
Quellen: ULF-Untersuchungen (Untersuchung der Einkommen und Lebensbedingungen/SILC) des SCB (Statistischen Zentralamtes)1980 - 2002, Gesundheitsenquete des Volksgesundheitsinstituts 2004 - 2009 und Svensk Mjölk (Verband der Schwedischen Milchwirtschaft)


Ist ein Wandel möglich?

Ein Wechsel eines Paradigmas innerhalb der Wissenschaft passiert von Zeit zu Zeit ... der Auslöser ist meist ein intellektueller Streit zwischen denen, die das Neue akzeptiert haben, und denen, die am Alten festhalten. Die neue Sichtweise gewinnt, wenn sie um vieles besser als die alte ist. Bis der Wandel abgeschlossen ist kann es aber Jahre oder manchmal Jahrzehnte dauern.

»Zuerst ignorieren sie dich, dann belächeln sie dich, dann bekämpfen sie dich, dann gewinnst du!« Dieses Zitat stammt von Mahatma Gandhi!
Und es gewinnt mehr und mehr an Bedeutung im Zusammenhang mit dem langsamen Abbröckeln der dicken Mauern, auf der die Fett-Phobie gebaut ist. Einige aktuelle Studien beweisen nämlich genau das Gegenteil! Die erste Erschütterung dieser dicken Mauern war eine Studie, die am 8. Februar 2006 veröffentlicht wurde - die Women's Health Initiative.


Women's Health Initiative

Women’s Health InitiativeDie Women's Health Initiative [1] ist die bei weitem größte Studie auf diesem Gebiet! Eine Studie, die 700 Millionen Dollar aus amerikanischen Steuergeldern gekostet und acht Jahre gedauert hatte. Die Studie hatte eigentlich den Zweck, die Sinnhaftigkeit dessen zu bestätigen, was schon seit Jahrzehnten praktiziert wurde, nämlich die Bevölkerung vor fettem Essen abzuschrecken. Das Resultat war aber weit davon entfernt!

50.000 Frauen waren nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt worden. Die Kontrollgruppe durfte weiterhin leben wie gewohnt. Die andere Gruppe musste unter Anleitung von speziell ausgebildete Diätisten den Fettkonsum verringern und mehr Obst und Gemüse essen. Zusätzlich bewegten sie sich auch mehr als die Kontrollgruppe 1.

Wurden sie gesünder durch fettarme Light-Produkte? Die Antwort "NEIN" kam 2006 schwarz auf weiß! Jene, die fettarm gegessen hatten, erkrankten nicht seltener an Krebs. Sie hatten nicht weniger Herzkrankheiten. Sie waren überhaupt nicht gesünder geworden. Aber es kommt noch schlimmer! War fettarmes Essen nur unnötig für die Gesundheit oder war es gefährlich? An der Studie nahmen ein paar Tausend herzkranke Frauen teil. Wenn die fettarme Kost eine Auswirkung auf Herzkrankheiten hat, müsste sich das am deutlichsten bei bereits Herzkranken zeigen. Diese Frauen wurden jedoch durch das Essen von fettarmer Kost kränker!

Diese unglaubliche Entdeckung wurde nicht in die Zusammenfassung aufgenommen. Sie scheint nicht einmal in der abschließenden Tabelle auf. Von 43 verschiedenen Ergebnissen ist eigenartiger Weise ein einziges abhanden gekommen. Ausgerechnet das Ergebnis über die bereits Herzkranken. Um zu sehen, dass Herzkranke von fettarmer Kost kränker wurden, muss man den klein gedruckten Text, der das Resultat erläutert, lesen. Fettarme Kost ergab für Herzkranke ein um 26 Prozent höheres Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Statistisch signifikant.

Weitere Studien über kohlenhydratarme vs. fettarme Ernährung

Die folgende Tabelle fasst die Gewinner von neun Studien in Bezug auf Gewicht, Blutzucker (HbA1c), Cholesterin (HDL, Triglyzeride) und Blutdruck zusammen. Die Prozentsätze (KA-Gruppe, FA-Gruppe) geben den Anteil der Kohlenhydrate an den Gesamtkalorien in der jeweiligen Gruppe an. 

Studie Teilnehmer Monate KA-Gruppe FA-Gruppe Gewicht HbA1c HDL TG Blutdruck
Stern 2004 [2] 54 12 6% 55%   KA!      
Daly 2006 [3] 102 3 14% 55% KA! KA KA! KA KA
Wolever 2008 [4] 110 12 39% 52% FA KA KA! KA! KA
Shai 2008 [5] 31 24 4% >50%   KA      
Westman 2008 [6] 84 6 4% 55% KA! KA! KA! KA KA
Jönsson 2009 [7] 13 3 32% 42% KA! KA! KA! KA! KA!
Davis 2009 [8] 105 12 4% 55%   KA KA! KA FA
Esposito 2009 [9] 215 48 <50% >50% KA KA! KA! KA! KA
Elhayany 2010 [10] 170 12 35% 52% KA KA! KA! KA!  

Legende:
 KA! - Gewinner: Kohlenhydratarme Ernährnung mit statistischer Signifikanz 
 KA - Gewinner: Kohlenhydratarme Ernährnung ohne statistische Signifikanz 
 FA - Gewinner: Fettarme Ernährnung ohne statistische Signifikanz 

Die kohlenhydratarme Ernährung brachte in sämtlichen neun Studien den besten Blutzucker. In fünf von ihnen war der Unterschied eindeutig statistisch signifikant. Darüber hinaus gibt es aber weitere positive Aspekte wie besseres Gewicht, besserer Blutdruck und verbesserte Cholesterinwerte in Form von mehr gutem Cholesterin (HDL) sowie niedrigere Triglyzeride. Es ist kein Zufall, dass sich gerade diese fünf Risikofaktoren verbessern. Bei einigen dieser Studien, die eigentlich nicht im Sinne von Low Carb sind, ist zu erkennen, dass selbst schon ein Einschränken von Kohlenhydraten förderlich für die Gesundheit ist.

Annika Dahlqvist

Annika DahlqvistAnnika DahlqvistIn Schweden ist auch etwas Ungewöhnliches passiert! Eine einzelne Persönlichkeit hat dort die Fett-Phobie "offiziell" zum Wanken gebracht und ein Umdenken findet statt! Das finde ich großartig!

Annika Dahlqvist arbeitete als Ärztin in Njurunda in Nordschweden. Sie quälte sich seit langem mit verschiedenen Diäten um ihr hohes Gewicht und die damit verbundenen Qualen und Krankheiten wegzubringen. 2004 erfuhr sie von der kohlenhydratarmen Ernährung und probierte sie gleich aus. Sie blieb dabei und verlor erstmals bei einer Diät Woche für Woche 1 Kilo. Nach einigen Monaten mit dieser Ernährung erreichte sie ihr Wunschgewicht war wieder gesund! Für sie war es wie ein Wunder! Sie "verschrieb" die Methode auch ihren Patienten, die ebenso gute Ergebnisse erzielten. Bald wurde sie in den Medien bekannt mit ihrer Botschaft an Übergewichtige und Diabetiker: LCHF-Kost (Low Carb High Fat) essen!

Annika Dahlqvist wurde allerdings von 2 schwedischen Diätisten angezeigt, weil diese glaubten, die Sicherheit der Patienten würde durch diese fettreiche Ernährung gefährdet. Diese Anzeige hatte allerdings genau die gegenteilige Wirkung, denn das schwedische Gesundheitsministerium beauftragte eine Untersuchungskommission, die nach zwei Jahren Arbeit zu folgendem Ergebnis kam: »Zusammenfassend kann über die kohlenhydratarme Ernährung heute festgestellt werden, dass sie in Übereinstimmung mit der Wissenschaft und den nachweisbaren Erfahrungen für Gewichtsrückgang bei Übergewicht und Typ-2-Diabetes steht, mit der Begründung, dass eine Anzahl Studien Effekte in einer kürzeren Perspektive gezeigt haben und dass sich keine Evidenz für Gefährlichkeit herausgestellt hat ...«

Albert Einstein sagte: »Torheit ist, immer wieder das Gleiche zu tun und sich dabei ein anderes Ergebnis zu erwarten!«

Kohlenhydratarme und fettreiche Ernährung trägt wesentlich zur Steigerung der Gesundheit bei und ein Risiko durch den hohen Anteil an Fett in der Nahrung besteht nicht!
Ich verstehe nicht, warum es in unseren Breitengraden (Österreich) bei den Medizinern, Diätisten und Ernährungsberatern so wenig Wissen über kohlenhydratarme oder ketogene Ernährungsformen gibt und damit noch immer an den alten Glaubenssätzen festgehalten wird.

Ich versuche seit einiger Zeit, solche Menschen zu finden ... bisher ohne Erfolg!

In den USA und in Schweden geht man mit diesem Thema bereits viel liberaler um und es scheint, dass die verschiedenen kohlehydratarmen Ernährungsformen mit der Zeit von der Medizin zumindest toleriert werden. Von Akzeptanz kann aber auch dort noch nicht die Rede sein.



Studien
[1] Howard BV, et al. Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Cardiovascular Disease. The Women's Health Initiative Randomized Controlled Dietary Modification Trial. jama. 2006;295.655–666.
[2] Stern L, et al. The effects of low-carbohydrate versus conventional weight loss diets in severely obese adults: one-year follow-up of a randomized trial. Ann Intern Med 2004;140:778–85.
[3] Daly ME, et al. Short-term effects of severe dietary carbohydrate-restriction advice in Type 2 diabetes–a randomized controlled trial. Diabet Med. 2006 Jan;23(1):15–20.
[4] Wolever TM, et al. The Canadian Trial of Carbohydrates in Diabetes (ccd), a 1-y controlled trial of lowglycemic-index dietary carbohydrate in type 2 diabetes: no effect on glycated emoglobin but reduction in c-reactive protein. Am J Clin Nutr 2008;87:114–25.
[5] Shai I, et al. Weight Loss with a Low-Carbohydrate, Mediterranean, or Low-Fat Diet. N Engl J Med. 2008 Jul 17;359(3):229–41.
[6] Westman EC, et al. The effect of a low-carbohydrate, ketogenic diet versus a low-glycemic index diet on glycemic control in type 2 diabetes mellitus. Nutr. Metab (Lond.)2008 Dec 19;5:36.
[7] Jönsson T, et al. Beneficial effects of a Paleolithic diet on cardiovascular risk factors in type 2 diabetes: a randomized cross-over pilot study. Cardiovasc Diabetol. 2009 Jul 16;8:35.
[8] Davis NJ, et al. Comparative Study of the Effects of a 1-Year Dietary Intervention of a Low-Carbohydrate Diet Versus a Low-Fat Diet on Weight and Glycemic Control in Type 2 Diabetes. Diabetes Care. 2009 Jul;32(7):1147–52.
[9] Esposito K, et al. Effects of a Mediterranean-Style Diet on the Need for Antihyperglycemic Drug Therapy in Patients With Newly Diagnosed Type 2 Diabetes. Ann Intern Med. 2009 Sep 1;151(5):306–14.
[10] Elhayanu A, et al. A low carbohydrate Mediterranean diet improves cardiovascular risk factors and diabetes control among overweight patients with type 2 diabetes mellitus: a 1-year prospective randomized intervention study. Diabetes Obes Metab. 2010 Mar;12(3):204–9.



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